Wirkliche Musik statt Klangteppich

Wirkliche Musik statt Klangteppich

Konzert Musikverein überzeugt

von Jörg Leune

Uelsen – Nur wer sich frühzeitig auf den Weg gemacht hatte, fand am Sonnabendabend noch einen Platz in der großen Uelsener Kirche. Das Weihnachtskonzert des Musikvereins Uelsen hat sich längst zum Publikumsmagneten entwickelt. Das liegt zum einen an der ungebrochen hohen musikalischen Qualität des großen Ensembles. Andererseits setzt Helga Hoogland mit ihrer Programmauswahl einen deutlichen Kontrapunkt zum traditionellen weihnachtlichen Liedgut, das schon seit Wochen als Klangteppich missbraucht wird.
Ausschließlich englische Titel standen auf dem Programm. Die einzige Ausnahme, Händels „Denn es ist uns ein Kind geboren“, ist ebenfalls die Übersetzung eines englischen Originals. Das sinfonische Blasorchester hat eben seine Wurzeln im englischsprachigen Raum und daher stammen auch die Kompositionen. Die 69 überwiegend jugendlichen Mitglieder des Musikvereins zeigten sich perfekt vorbereitet. Alle Stimmgruppen waren deutlich zu vernehmen. Ein Lob gebührt den Perkussionisten, die mit ihren präzisen Schlängen die Bläser wirkungsvoll führen halfen. Gut gelangen dem Ensemble die unterschiedlichen Klangfarben. Die Händel-Bearbeitung zeigte barocke Fugato-Kunst, bei „O happy Day“ (mit Christian Heinzes fulminantem Saxofon-Solo) meinte man eine Bigband der 30er Jahre zu hören. Die vielfältigen Orchester-Bearbeitungen wechselten mit Gesangsbeiträgen von Sarah Bouwers und Andrea Holthuis ab. Beide sind inzwischen routiniert genug, vor einem großen Publikum zu bestehen, verfügen über ein natürliches Timbre und besitzen genügend Technik, um ihre Lieder lebendig und gelegentlich dramatisch zu gestalten. Sarah Bouwers wusste sich erneut gegen das große Orchester durchzusetzen.
Das Konzert verlief insgesamt auf hohem musikalischem Niveau. Dennoch sind einige Stücke in besonders eindrücklicher Erinnerung geblieben. Dazu gehörte James Hosays Komposition über die Weihnachtsgeschichte. Waltraud Huizing trug den Text plastisch und in präziser Abstimmung mit dem Orchester vor. Die Komposition zeichnet die Stationen der Erzählung, so die Hirtenmusik und die Erscheinung der himmlischen Heerscharen. Ergreifend wirkte die Interpretation von John Williams‘ „Hymn to the Fallen“ zum Gedenken an den im Sommer tödlich verunglückten Posaunisten Thorsten Joostbehrends, der in diesem Monat seinen 21. Geburtstag gefeiert hätte.
Und wie bei jedem Weihnachtskonzert gab es eine Weihnachtsgeschichte. Waltraud Huizing las den ironischen Text “ Der große Auszug“. Als Reaktion auf ausländerfeindliche Aktionen verlassen alle nicht-deutschen Produkte unser Land und lassen uns ganz mittellos zurück. Am Schluss mahnen uns drei Juden zur Umkehr, Maria Joseph und das Jesuskind.
Das Publikum zeigte sich rundum begeistert. Eine solche gut gelungene Begegnung mit Weihnachtsmusik lässt alle süßliche Hintergrundbeschallung vergessen.

Grafschafter Nachrichten 24.12.2004

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