Ein „Fremdkörper“, der begeistert

Ein „Fremdkörper“, der begeistert

Das „etwas andere“ Adventskonzert des Musikvereins Uelsen bot Spitzenleistungen

Die traditionellen Weihnachtskonzerte des Musikvereins Uelsen am Vorabend des vierten Advents sind längst zu einem Event geworden. Schon Tage zuvor waren die Plätze in der großen Kirche ausverkauft. Auch diesmal erlebten die Zuhörer einen außergewöhnlichen Musikabend.

Uelsen. Selbst die Turmhalle der Kirche war bis zum Portal mit Stuhlreihen versehen worden, und auf allen Emporen drängten sich die Zuhörer. Schon der von Beifall begleitete Einzug der 70 überwiegend jungen Musiker ist Teil der gelungenen Inszenierung des Abends. Und nachdem Helga Hoogland den ersten Einsatz gegeben hat und die Bläser und Schlagwerker mit „Jubelt unserm Heiland zu“ die erste Kostprobe ihres differenzierten und farbenreichen Klangs abgegeben haben, stellt sich das vertraute Gemeinschaftsgefühl im Publikum ein, das für die Abende des Musikvereins so typisch ist. Die Werke, die das Orchester vorträgt, entstammen wie immer überwiegend der anglo-amerikanischen Weihnachtsmusiktradition. Auch Roland Kernens „Advents-Fantasie“ über deutsche Adventslieder bleibt dieser Tradition verhaftet. Ein symphonisches Blasorchester wie der Musikverein ist ein gewisser Fremdkörper in den zahlreichen Vorweihnachtsmusiken. Freilich ein interessanter Fremdkörper, der, wie sich am Samstag wieder zeigte, zunehmende Akzeptanz findet. Und wieder gab es unter diesen Titeln beeindruckende Höhepunkte. Dazu gehört vor allem John Williams‘ erschütternde „Hymn to the Fallen“ zur Erinnerung an zwei verstorbene Orchestermitglieder. Zuvor war eine Erinnerungskerze durch die Reihen der Musiker weitergereicht worden. Ähnlich eindrucksvoll wirkte die Chaconne über „Dona nobis pacem“ mit einfühlsamen Soli, wie dem Zwiegespräch zwischen Englischhorn und Posaune. Und natürlich gehörten dazu die virtuosen Saxophon-Soli in John Lennons „Imagine“ (Dirk Vrielmann-Jacobs) und „Gloryland“ (Christian Heinze). Ebenfalls traditioneller Bestandteil der Weihnachtskonzerte des Musikvereins sind die Auftritte von Gastensembles. Diesmal war es der von Armanda ten Brink geleitete Städtische Knabenchor Neuenhaus. Von der Leiterin temperamentvoll am Keyboard begleitet und von Nick Moritz dirigiert trugen die 15 Jungen (der jüngste ist erst sechs Jahre alt!) und sechs Jugendlichen sieben Weihnachtslieder aus aller Welt vor. Stürmischer Beifall war der Lohn für die hervorragende Leistung der jungen Leute. Der kleine Chor klingt besonders in den Tutti-Passagen wunderschön. Aber es sei auch erwähnt, daß acht der Chorsänger sich in bemerkenswerter Weise solistisch auszeichneten. Wer die Veranstaltungen des Musikvereins besucht, der freut sich schon seit einigen Jahren im Voraus auf die Soli von Sarah Bouwers. Und er wurde auch diesmal nicht enttäuscht. Dreimal trat Sarah – immerhin hatte sie am Abend zuvor in Wilsum in aufsehenerregender Weise die Sopran-Partie des Weihnachtsoratoriums gestaltet – ans Mikrophon. Und ihre Interpretation der Pop-Klassiker „From a Distance“, „White Christmas“ und „When you believe“ kann man nicht anders als berückend bezeichnen. Sie gestaltete Text wie Melodie in gleicher Weise eindringlich, und ihr Gesang war herrlich mit der Orchesterbegleitung abgestimmt. Vor stehendem Publikum gab es dann die Blumensträuße und Dankesworte. Fritz Baarlink dankte Helga Hoogland für die Möglichkeit, auch in der Provinz in einem so hochrangigen Ensemble mitwirken zu dürfen. Die Dirigentin selbst gab den Dank an alle Mitwirkenden weiter und hob das familiäre Miteinander von Musikern und Publikum hervor, das sich nicht zuletzt im gemeinsamen „O du fröhliche“ erwies.

Grafschafter Nachrichten – 27.12.2007

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