Weihnachtskonzert des Musikvereins begeistert
Von Marcus Pfeifer
Unter der Kuppel der Altreformierten Kirche in Emlichheim begeisterte die Bigband aus Uelsen, die erst im Herbst das 25. Jahr ihres Bestehens feierte. 850 Zuschauer sorgten für ein vollbesetztes Gotteshaus.
Emlichheim. Wieder einmal musste es die beste und einer der größten Locations in der Grafschaft sein, um die Kulisse für das alljährliche Weihnachtskonzert des Musikvereins Uelsen abzugeben. Und wenn auch nicht jedes der etwa 20 präsentierten Musikstücke dezidiert weihnachtlich von Natur war, so stimmte man doch eindrucksvoll mit eingängigen festlichen und flotten Rhythmen auf die Feiertage ein.
Den Auftakt bildeten etwa die dramatischen Fanfarenklänge aus „Millenium“, einem Werk des österreichischen Komponisten Otto M. Schwarz aus dem Jahre 1995, das anlässlich der damals bevorstehenden Jahrtausendwende an die archaische Musik der Vergangenheit zu erinnern sowie die Musik der Gegenwart mit besinnlicheren Tönen zu erfassen und die Musik der Zukunft heraufzubeschwören sich anheischt.
Mit „Tochter Zion“ wurde dann aber sogleich doch ein adventlicher Kontext hergestellt, und das mitsingende Publikum bot dabei der geballten Klangdichte der Bigband Paroli. Wie diese wohlarrangierte, musikalisch effektvolle und abwechslungsreiche Bearbeitung eines Weihnachtsliedes präsentierte der Musikverein so einige besonders erfolgreiche Darbietungen aus dem Repertoire der Vergangenheit, so etwa Potpourris aus den Musicals „König der Löwen“ oder Tinkerbell. Ganz neu einstudiert war dagegen ein Arrangement mit Nummern aus „Frozen“, dem sensationell erfolgreichen Zeichentrick-Musical aus dem Jahr 2013.
Mehrfach bot man auch Solisten die Chance, sich in besonderer Weise zu profilieren, so etwa bei einer Bearbeitung von „Imagine“, John Lennons musikalischer Utopie von einer Welt frei von Krieg und religiösem Zwist, bei der Dirk Jacobs‘ Alt-Saxofon die eindringliche Botschaft des Liedes vermittelte. Jannik Janzen betörte das Publikum mit glanzvollen Variationen an seinem gewaltig erklingenden Euphonium zu „Feeling Good“, und bei „I’m Dreaming of Home“ kamen Sarah Teunis an der Trompete und Henk Zwartscholten an der Posaune zum Zuge. Mit diesem Lied sollte auch an die Tragik des Ersten Weltkrieges und an die historisch verbürgte Begebenheit erinnert werden, dass während der Weihnachtsfeiertage des Jahres 1914 Soldaten der verfeindeten Kriegsparteien sich über die militärische Disziplin hinwegsetzten und gemeinsam Weihnachtslieder anstimmten.
Nicht zuletzt wollte man damit das Publikum auch der heutigen Krisenherde und Kriegsschauplätze der Welt gedenken lassen. Dies geschah dann auch nicht nur musikalisch, sondern auch anhand einer kurzen Lesung, bei der es um den zunächst irrwitzig erscheinenden Entschluss einer Berlinerin geht, einen irakischen Flüchtling, den Arzt Rafik, zu adoptieren, damit der nicht aus Deutschland abgeschoben werden müsse. Als deren Berliner Familie sich dann über das reale Elend derjenigen Gedanken macht, die in Kriegswirren ihre Familie, ihr Zuhause und ihre Heimat verlieren, können sie diesen Entschluss schließlich mehr als nachvollziehen. Und bei dieser Gelegenheit wurde dann auch Rami, ein syrischer Flüchtling, als neues Mitglied des Uelsener Musikvereins willkommengeheißen.
Wie in den vergangenen Jahren hatte man sich auch in diesem Jahr einen musikalischen Gaststar engagiert. Dies war – neben Gabor Klink-Spekker, der die Band am Klavier begleitete – in diesem Jahr Guido Lambers, der zwar auch zuvor schon einmal mit dem Musikverein kooperiert hatte, dieses Mal aber eine herausragende Rolle zugewiesen bekam, indem er an seiner Konzertgitarre beziehungsweise. am Klavier begleitet von Klink-Spekker fast eben so viele Titel anstimmte wie die Bigband selbst. Mit diesen fast ausschließlich deutschen, das Weihnachtsfest oft aus einer eher unkonventionellen, auch sozialkritischen Perspektive thematisierenden Liedern prägte Lambers den Abend nachhaltig mit, seine leicht raue, aber auch sehr melodiösen und variablen Reibeisenstimme ließ dabei einen Herbert Grönemeyer-Titel genauso authentisch erklingen wie einen von Elton John.
Unter Tränen entgegengenommene Dankesworte an die Leiterin des Musikvereins, Helga Hoogland, die die etwa 80-köpfige Truppe zusammenhält und den Löwenanteil der Organisation übernimmt, und einige Zugaben rundeten den Abend ab; man ging aber nicht auseinander, ohne mit allen gemeinsam „O du fröhliche“ anzustimmen.
Grafschafter Nachrichten – 20.12.2015